ÖV Basel: Warten ist angesagt

ÖV Bild 3 red

Foto Harald Friedl

Mitte Mai präsentierte der Basler Regierungsrat das ÖV-Programm 2018 bis 2021. Wer einen grossen Wurf erwartet hatte, wurde enttäuscht.

Der fehlende Wohnraum, verbunden mit den wachsenden Bevölkerungszahlen, wird in Basel oft und kontrovers diskutiert. Dass das Arbeitsplatzangebot der Stadt schneller wächst als die Wohnbevölkerung und damit der Pendlerverkehr ansteigt, ist jedoch weniger im Fokus: Zwischen 2000 und 2013 nahm die Zahl der Pendler nach Basel von rund 85ʼ000 auf über 95ʼ000 zu. Es wird eng auf den Strassen und in den Trams.

Herausforderungen nicht bewältigt

Mit dem nun vorgelegten ÖV-Programm 2018 bis 2021 will der Regierungsrat aufzeigen, wie der «Ausbau von Tram und Bus gezielt vorangetrieben» werden soll. Ein erster Blick in das 55 Seiten starke Papier zeigt aber: Die Massnahmen führen lediglich die Schwerpunkte des letzten Programms fort und werden den steigenden Herausforderungen nicht gerecht. Die beiden Ausbauprojekte im Tramnetz sind «grenzüberschreitend»: Die Verlängerung der Tramlinie 3 bis zum Bahnhof St. Louis soll 2017, die Verbindung zwischen Bahnhof SBB und Leimental via Margarethenstich 2020 realisiert sein.

Basler Tramausbau vertagt

Der wirkliche Ausbau im städtischen Tramnetz kommt viel später und wird bestenfalls ab 2022 bis 2026 realisiert. Projekte des «Tramnetzes 2020» auf Stadtgebiet wie das 30er-Tram über die Schanzenstrasse oder die Verbindung von der Roche über die Grenzacherstrasse und den Claragraben zur Innenstadt sind erst in Abklärung und sollen zwischen 2018 und 2021 entwickelt werden. Der Grund für den zögerlichen Ausbau des Tramnetzes liegt also für einmal nicht in der komplexen Koordination der verschiedenen Körperschaften im Metropolitanraum. Auch beim Busverkehr ist in den nächsten Jahren kaum eine Angebotserweiterung zu erwarten. Immerhin wird als Sofortmassnahme ab Dezember eine direkte Busverbindung von der Roche zum Bahnhof SBB eingerichtet. Daneben ist wenig geplant. Die Quartiere Erlenmatt und Schoren, wo Hunderte neue Wohnungen entstehen, sollen durch eine neue Linienführung des 36er-Busses und eine zusätzliche Linie 46 besser erschlossen werden. Die neue Linie 46 verbindet das Schorenareal gemäss der momentanen Planung mit der Dreirosenbrücke und endet dort, wo die überfüllten Trams der Linien 8 und 1 warten. Hier ist unbedingt der Ausbau der Busverbindung in Richtung St. Johann mit Anschluss an die 11er-Linie vorzusehen. Der Vorstand des WWF Region Basel wird bis Ende Juli eine Stellungnahme zum ÖV-Programm 2018 bis 2021 abgeben.

Der Artikel wurde im Magazin des WWF Region Basel veröffentlicht.

20. Juni 2016 von Harald Friedl
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1 Kommentar

  1. Mich würde interessieren, wie die Stellungnahme des WWF-Vorstands zum ÖV Programm ausfiel. Auch mir erscheint das neue Programm recht mutlos und vor allem langsam. Ein Blick nach Zürich und Bern würde sich lohnen, wo im letzten Jahrzehnt das Tram- und S-Bahn-Netz bedeutend ausgebaut wurde und immer noch ausgebaut wird. In Basel begnügt man sich schon seit Jahrzehnten mehr oder weniger mit dem Status Quo abgesehen von den grenzüberschreitenden Angeboten, die aber ebenfalls nicht unbedingt der grosse Wurf sind. Das Tram- und Busnetz stagniert in Basel weitgehend und man leistet sich eine Nicht-S-Bahn und einen völlig veralteten Bahnhof SBB, ja kriegt es nicht einmal hin, das bestehende, bescheidene Netz kostengünstig so zu optimieren, dass wenigstens Haltepunkte beim Tinguely-Museum, im Gellert, dem Morgartenring oder im Bereich Dosenbach möglich würden. Das Herzstück ist notwendig, ganz klar, aber bis dahin fliesst noch unendlich viel Wasser den Rhein hinunter. Auch der Bahnanschluss an den Flughafen lässt auf sich warten, obwohl rein Streckenmässig gesehen nur wenige Bahnmeter fehlen.

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