Es braucht eine Mehrstufige Trinkwasseraufbereitung
Heute durfte ich zur „Motion Thomas Grossenbacher und Konsorten für eine mehrstufigen Trinkwasseraufbereitungsanlage nach dem Vorbild der Gemeinde Muttenz für das gesamte Basler Trinkwasser“ im Grossen Rat sprechen. Leider reichten die fünf Minuten nicht, weshalb ich hier mein Votum in voller Länge publiziere.
Trinkwasser ist unser wichtigstes Lebensmittel und wir müssen dazu Sorge tragen, heute und in Zukunft. Dieser Tatsache sind wir uns oftmals zu wenig bewusst, weil es in der Schweiz und hier in Basel wie selbstverständlich und ohne Einschränkungen jederzeit aus dem Wasserhahn sprudelt. Wir duschen mit Trinkwasser, wir spülen unsere WC’s mit Trinkwasser oder reinigen unsere Böden und Fenster mit Trinkwasser. Wir verwenden und verschwenden es in riesigen Mengen fast schon achtlos. Trinkwasser von sehr guter Qualität ist in der Schweiz also in grossen Mengen und für uns selbstverständlich vorhanden.
Sie kennen wohl auch alle aus Auslandaufenthalten den Geschmack von chloriertem Wasser. Spätestens dort können wir wahrnehmen, dass Trinkwasser aufbereitet wurde, damit es trinkbar wird. Auch bei uns muss das Trinkwasser aufbereitet werden, nur nehmen wir es nicht so offensichtlich wahr. Dafür kommen verschiedenste Massnahmen zum Zug, die auf die jeweiligen Gegebenheiten der Gemeinwesen abgestimmt werden müssen. Auch hier in der Region Basel wird das Trinkwasser mit grossem Aufwand aufbereitet, damit wir es bedenkenlos direkt aus dem Wasserhahn konsumieren können und es nicht von weit her beschaffen müssen. Dies wollen wir sicherstellen mit dieser Motion, auch für die Zukunft. Es kann also nicht unbehandelt konsumiert werden.
Wie der Motionär schreibt, werden im Basler Trinkwasser mit hochempfindlicher Analytik immer wieder Fremdstoffe entdeckt, die unerwünscht sind. Was vielen aber nicht bewusst ist, ist, dass dies nicht Einzelfälle sind. Fremdstoffe sind immer im Trinkwasserwasser vorhanden. Dies hat bei unserem Trinkwasser mit der Art und Weise zu tun, wie die Trinkwasseraufbereitung in der Region Basel erfolgt. Wir Pumpen Rheinwasser in die beiden Wasserversickerungsanlagen im Hardwald und in den Langen Erlen und fassen es im Grundwasser wieder, nachdem es durch die Versickerung auf natürliche Art vorgereinigt wurde.
Hier haben wir ein erstes Problem: Der Rhein ist das Sammelgefäss für die meisten Abwässer der Schweiz. Tausende Industriebetriebe, mehrere AKW’s und Millionen Haushalte entlassen ihre Abwässer nach einer Reinigung in einer Kläranlage in den Rhein. Diese Abwasserreinigung ist aber nie hundertprozentig. Als Stichwort will ich die Mikroverunreinigungen erwähnen, die die Reinigungsstufen der Kläranlagen passieren, wenn diese nicht auf dem neusten Stand der Technik sind. Zudem sind wir auch nie gefeit vor Leckagen in Betrieben oder Unfällen wie dies frühere Beispiele zeigen und in der Motion als Beispiele aufgeführt sind. Diese Substanzen sind also im Rhein und werden nicht zu hundert Prozent durch die natürliche Versickerung in den Sickerfeldern entfernt.
Mir ist klar, dass nicht alle Spurenstoffe im Trinkwasser bedenklich sind, vor allem nicht in den sehr tiefen Konzentrationen in denen sie mit den heutigen Analysenmethoden detektiert werden können. Wir müssen aber auch festhalten, dass die toxikologischen Eigenschaften von vielen Stoffen nicht bekannt sind. Oft können diese Stoffe nicht identifiziert werden, zu vielfältig sind diese und zu komplex ist der Nachweis. Ergo kennen wir auch nicht alle Eigenschaften dieser Substanzen. In vielen Fällen müssen wir müssen wir uns also mit Vergleichen und Modellen behelfen.
Zum zweiten Problem der Trinkwasseraufbereitung in der Region Basel. Wie ich vorher ausführte pumpen wir Rheinwasser in Versickerungsanlagen in der Langen Erle, aber auch im Hardwald in unmittelbarerer Nachbarschaft zur Chemiemülldeponie Feldreben. Ich habe rund 2 Jahre – quasi beruflich – die Resultate der Untersuchungen der Deponie bewertet und kann ihnen versichern, dass dort tausende verschiedener Substanzen, Zwischen- und Abbauprodukte früherer chemischer Produktionen vorhanden sind sowie Metaboliten wie sie im Untergrund entstehen. Die Verhältnisse im Untergrund sind komplex und werden kontrovers diskutiert. Jedenfalls ist es nicht völlig ausgeschlossen, dass Substanzen aus der Deponie ins Grundwasser gelangen können.
Solche Substanzen führten schon früher zu Massnahmen bei der Trinkwasseraufbereitung. Die Hardwasser AG betreiben seit Jahren zur Sicherung des Trinkwassers eine Aktivkohle-Filteranlage, weil im Trinkwasser Chlorbutadiene feststellt wurden, die aus früheren chemischen Produktionen stammen. Die Filteranlagen sind also aufgrund des Nachweises einer einzelnen Substanzgruppe eingerichtet worden und funktionieren gut beim Zurückhalten von apolaren Substanzen. Diese Reinigungswirkung versagt aber oft bei polaren Substanzen. Substanzen wie sie sowohl im Rhein, als auch in der Chemiemülldeponie Feldreben vorhanden sind. Mit der Erstellung einer zusätzlichen Oxidationsstufe können wir auch diese Substanzen besser aus dem Wasser entfernen, bevor es als Trinkwasser im Wasserhahn landet.
Eine zusätzliche Aufbereitungsstufe, wie sie der Motionär vorschlägt entspräche also dem Prinzip der Vorsorge, um der Verunreinigung des Trinkwassers mit polaren Stoffen vorzubeugen und ist in unseren Augen absolut notwendig.
Dies ist, nebenbei erwähnt, auch die Meinung einer Expertengruppe, die sich mit der Wasserwirtschaft der Schweiz beschäftigt. Im Bericht «Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserwirtschaft der Schweiz“ der von der Schweizerischen Hydrologischen Kommission der Akademie der Naturwissenschaften mitherausgegeben und soeben publiziert wurde kommt zum Schluss, in zitierte: «Bei Seen und angereichertem Grundwasser ist eine mehrstufige Aufbereitung ohnehin unvermeidlich.».
Pikanterweise machen wir das gerade bei der Abwasserreinigungsanlage, der ARA Rhein von ProRheno, wo aktuell mit grossem Aufwand und vielen Millionen Franken eine mehrstufige Reinigungsanlage gebaut wird Der Grosse Rat hat hierzu im September 2018 Grünes Licht gegeben. Nicht nur Hinten sollte in die Reinheit des Wassers investiert werden, sondern auch Vorne, bei der Aufbereitung von Trinkwasser.